János Sablatura

DER WEG

Datum
ca. September 2018
Originaltext

Ich treibe dahin in der Menge. Mein Blick streift ziellos umher. Es regnet und ein dichter Nebel kriecht durch die Strassen. Ein Telefon klingelt. Ich gehe ran. Die Stimme am anderen Ende sagt: „Alles ist Nichts.“ Ich hänge den Hörer zurück und blicke mich um. Die Menge fliesst um mich wie um einen Steinbrocken. Ich laufe dem Strom entgegen. Die Ledersohlen meiner schwarzen Lackschuhe klacken rhythmisch. In der Luft ein feuchter Hauch von Abgasen und Rauch. Mein Blick ist starr, meine Schritte schnell. Vor mir fahle Gesichter, die auftauchen und wieder verschwinden. Ich laufe schneller. Mein Anzug engt mich ein. Ich ziehe mein Jacket aus und werfe es zu Boden. Es ist weg - verschluckt von der Menge. Ich laufe schneller. Meine Sohlen bleiben kleben im Asphalt - ziehen lange Fäden. Sie bremsen mich. Ich ziehe sie aus, werfe sie in den Schlund der Menge. Ich renne. Barfuss. Durch die Menge. In sie rein. Über sie. Unter sie. Um mich, wilder Lärm und böse Blicke. Fleisch trifft auf Fleisch. Knochen auf Knochen. Ich wühle mich durch, beisse und schlage. Weiter, nur weiter. Der Schatten der Menge verfolgt mich. Es wird dunkel. Er reisst sein Rachen weit auf. Beisst zu und ich weiche aus im letzten Moment. Renne weg so schnell ich kann. Sein fauliger Atem häng mir im Nacken. Vor mir ein weisser Lichtstrahl. Voll sanfter Ruhe und Energie. Ich folge ihm. Der Weg wird weicher. Die Luft frischer. Der Lärm weniger. Mein Blick klarer. Ich folge ihm weiter. Bis zu einem Spiegel an dem er reflektiert wird. Ich folge ihm weiter. Zum nächsten Spiegel und zum nächsten. Zum nächsten und zum nächsten. Ich blicke zurück. Nichts. Ich blicke nach vorn. Die Unendlichkeit.