János Sablatura

BASED SCHIZO ANALYSIS: Techno vs Kapitalismus

Datum
2021
Originaltext

Ausgangslage: https://www.youtube.com/watch?v=TWPFrWojYQ4&pbjreload=101

Der Spirit des Techno sehe ich als eine dionysische tranceartige Ekstase, eine Rückkehr zum Körper und das Individuum, welches sich im Kollektiv auflöst. Dieser Spirits stand am Anfang der 90er, als der Techno aufkeimte, an oberster Stelle. Leute dienten dem Spirit und nicht dem Geld. Dies erzeugte überhaupt erst die Authentizität, Facettenreichheit und den Magnetismus der Szene. Und der Spirit wuchs durch die enorm grosse und aktive Partizipation jedes einzelnen. Als er dann aber mit dem Geist des Kapitalismus kollidierte, nahm letzterer den ersten komplett ein. Der Techno-Spirit wurde auf der Streckbank aufgefaltet, analysiert, in die grösst Möglichste Anzahl Häppchen zerschnitten, kopiert, formal optimiert, massenproduziert und den NPCs verfüttert. Welcome to EDM... Die neue trendige eucharistische Speise gierig verschlingend, erhaschten sie einen flüchtigen Geschmack von etwas, was sie noch nie hatten oder jedenfalls in einem tiefen Schlund vergraben: Wahre Authentizität und Verbundenheit. 

Der Spirit des Techno geht deswegen nicht verloren, aber er verliert durch die Verringerung seiner Konzentration massiv an Effektivität und Autonomität. Er wird seines Epizentrums entwurzelt, zerschnipselt und zerstreut. Aus seinen Samen wachsen neue Triebe, jedoch mit dem Erbfluch der Niederlage belastet und verpflichtet zur ewigen Knechtschaft.  

Wie hätte Techno sich schützen können gegen die alles verschlingenden Bestie unserer Zeit? Klare Grenzen. Ein memetisches Immunsystem. Ohne irgendwelche abgrenzende Regeln, welche den Spirit und die sich daraus entfaltenden Ideale an oberster Stelle halten, wird ein andere Ideologie kommen und sie vom Thron stürzen. Der Spirit wird infiltriert, übernommen und ausgebeutet. Das gleiche ist passiert bei Rock, Punk Rock, Burning Man, etc. Hip-Hop jedoch ist ein hoch interessanter Spezialfall, weil er es geschafft hat den Kapitalismus zu integrieren und jetzt in einer zugegeben äußerst seltsamen Symbiose weiter gedeihen kann: hyper-competitive hustler porn. 

Die Auflösung des Individuums im Kollektiv und die Rückkehr zum Körper sind zwar ein grosser Fortschritt zu anderen Spirits. Ich sehe jedoch einen fatalen Fehler in der fehlenden Kommunion zwischen polaren Gegensätzen, welche in ihrer Vereinigung ein neues drittes erschaffen können und somit das Wachstum des Spirits gewährleisten. Anders als bei anderen Tanzformen wie Latin Dance, Salsa oder Rock’n’Roll ist das Individuum beim Techno meist „isoliert“, tanzt nur für sich und mit sich, aber ist trotzdem verbunden mit der Masse. Die Masse jedoch ist unpolar und homogen und in diesem Sinne komplett gleichgeschaltet wie ein Bienenstock. 

Ohne Richtung und ohne Grenzen besteht das Risiko zur Desintegration oder der Spirit breitet sich so weit aus, dass die Konzentration unwirksam wird. Techno hat einen starken Hang zur Fragmentation und der Selbst-Sterilisierung und es wird immer klarer wieso er langfristig nicht überleben kann. 

Mit der Ausbreitung von ideologisch ähnlichen Bewegungen wie LGBTQ+ & Gender Theory [non-binary, gender fluidity, all inclusivity, no borders, no center/no margin] und natürlich dem Transhumanismus [ultimative Kommunion mit Technologie zur Kreation eines Kollektivismus -> der digitale Omegapunkt der Singularität] werden wir noch einen kurzen Aufschwung des Spirits erleben. Er wird einen immer intensiveren, hochfrequentierteren und bald auch unregelmässigeren Charakter annehmen, wie ein Herz kurz vor dem Infarkt. Er folgt wie so vieles heutzutage dem Trend der orgasmischen Intensivierung [TikTok, Instagram, Advertising, etc.]. Die [porno]medial induzierte Desensibilisierung unserer verbratenen Synapsen verlangen nach stets höheren und intensiveren Dosen, um das innere dröhnende Chaos zu übertönen, den Höhepunkt forciert schwitzend zu erlangen und uns das flüchtige Gefühl des schalen Selbstvergessens zu ermöglichen, welches das stets treibenden autarke Wesen zurück in den dunklen Schlund drängt und wir für ein paar Sekunden in Stille den Äther unserer Verdammnis einatmen können. Oh god, we love to suffer! Jesus have mercy on our souls. 

Okay, ja, ich glaube das nächste mal nehme ich weniger Drogen…